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Aus der Gründungszeit der Trier Pfadfinder

Aus der Gründungszeit der Trier Pfadfinder

von Günther Molz

Prälat Rudolf Oster (Rektor Oster oder auch RO vor allen seinem Einsatz haben wir es zu verdanken, daß es die Pfadfinder im Raum Trier gibt)

50 Jahre Stamm Tempelherren der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg im Bund der deutschen Kath. Jugend- bedeutet viel mehr, als sich nur einer Festlege hinzugeben und mitzufeiern. Es gilt, sich aus diesen diesem Anlaß auch jener Personen zu erinnern, die bereits 1929 und dann 1949, nach der schweren äußeren Zerstörung unserer Heimat im Angesicht von Schutt und Trümmern bereit waren, der Jugend einen positiven, aufbauenden und frischen Geist zu vermitteln und dazu bereit waren, die jungen Menschen da heraus zuführen. Die Eurener werden jetzt an Martin Grundheber denken, der Zeit seines Lebens als Motor die gesamte Pfadfinderschaft Pfadfinderschaft in der Diözese befruchtet hat. Ich denke mit der gleichen Hochachtung aber auch jenes Mannes, der die Pfadfinderidee von der Schweiz, Österreich und Ungarn übernommen und in Deutschland und hier in Trier verwurzelt und bekannt gemacht hat und in seine berufliche Tätigkeit als Presse des kath. Jugend- und Jungmännervereins 1929 in Ahrweiler erstmals umgesetzt hat. Mit Gleichgesinnten aus dem Rheinland zählt er zu den Pionieren der katholischen Pfadfinderbewegung in Deutschland. Montiere Prälat Rudolf Oster, genannt RO.

Versprechensfeier mit RO am Georgstag 1950

Schon am 1. Mai 1930 wurde von ihm der „Stamm Kreuzritter Trier“ ins Leben gerufen, was ihm erleichtert wurde durch den Umstand, daß er als Religionslehrer seit Mitte 1929 in Trier mit der Jugend bereits Kontakt und bei ihr für diese Pfadfinderidee eine große Bereitschaft vorfand. Die Vorkriegs- Jugendarbeit in der DPSG kenne ich auch nur aus Berichten, Erzählung, Bildern und Filmen. Sie endete mit dem Verbot jeglicher Jugendarbeit im Jahre 1934 und bestand nur noch im Untergrund weiter. Trotz Verbot nicht tot. Der Geist des Pfadfindertums überstand auch das „tausendjährige Reich“ und ließ viele Menschen wieder von vorne anfangen, auch in der kath. Jugendarbeit. Unter der Abkürzung „RO“ verstanden wir Jungen von damals nicht den Rudolf Oster, sonder immer respektvoll den „Rektor Oster“. In seiner Personen vereinigten sich jene Erwartung, die ein junger Mensch an einen Erwachsenen stellt, erst recht dann, wenn der Ältere den Anspruch erhebt, eine vorbildliche Funktion auszuüben. Gläubige und begeistert, großmütig und vorbehaltlos waren wir ihm gefolgt. In der 60 Jahren meiner Bekanntschaft hat sich diese Erwartung nicht geändert; sie hat die Prüfung der Zeit bestanden. Das Haus am Johanniterufer wurde mit u.a. als Nachkriegs- Pfadfinder“ zu einem Mittelpunkt und zu einer ständigen Anlaufadresse. Von hier nahm alles seinen Ausgang, was die katholische Pfadkinderarbeit nach 1946 im Land Trier betraf

Wanderlager Diesburger Hof
u.a. Eigeschütz, Karlheinz Weber, Michael Engel, Bernie Schillings, Heinz Strip

. Hierher kamen wir mir Probleme und Sorgen und gingen eigentlich immer erleichtert und erneut motiviert aus dem Haus heraus. Was man so leichthin Treue und Verantwortungsbewusstsein nennt, ist heute zur mitleidig belächelten Tugend geworden , die stark an Bedeutung für junge Menschen verloren hat. Ich habe in einem modernen Lexikon nachgeschlagen, um die heutige Interpretation für „Treue“ nachzulesen. Hier versteht man immer noch „Treue als eine unveränderliche gewissenhafte Gesinnung“. Landläufig ist hiervon wenig übrig geblieben, wie auch die nach als Maßstab menschlichen Seins geltenden Tugenden der Verantwortung für sich und andere, die Bescheidenheit und die des selbstlosen Dienstes, des religiösen Ernstes und der Opferbereitschaft sehr infrage gestellt sind. Es gehört zum sogenannten „Zeitgeist“, mit der Verantwortung hierfür fahrlässig umzugehen. Aber dennoch sind jene Werte, die uns einmal viel bedeuten aktuell wie eh und je. Im Kreis der Pfadfinder und besonders durch RO sollte uns all dies erstmals begegnen und mit der verstandesmäßigen Einsicht eine emotional positive Einstellung zur Verwirklichung des Guten vermittelt werden.“Frohe Fahrt“, so nannten sich ein Rundbrief aus den ersten Tagen der „Gemeinschaft St. Georg“ von 1946, in der Langbehns Verse. Immer sei ganz, was du bist, sei ganz, was du jeweils denkst, sagst und tust. Auf der ersten Seite vorangestellt sind. Damals, 1946, war all das das noch Maßstab und Ziel für für junge Menschen in der „Gemeinschaft St. Georg“. Unter dem Namen „Gemeinschaft St. Georg“ verbarg sich in den Anfängen und der Illegalität stehende katholische Pfadfinderschaft der Nachkriegsjahre 1946/47, die um ihre Anerkennung als Verband in der Kirche und als Gliederneinschaft der katholischen Jugend rang. Unter der Devise Julius Langbeins, des „Rembranddeutschen“, waren die Jungen der letzten Stunden von 1933 und die ersten Stunden seit dem Frühjahr 1946 vereint angetreten, mit ihm geistigen und geistlichen Führer RO., die Eingliederung in den Bund der deutschen katholischen Jugend zu erreichen. In Rektor Oster sahen sie das verkörpert und vertreten, was sie zusammenführte: die Treue zur Idee des Pfadfindertums in der katholischen Kirche. Doch der Anfang war voller Dornen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde RO nach Trier zurückgerufen und an den Berufs- und Kaufmännischen Schulen als Religionslehrer angestellt. Der unmittelbare Kontakt zu jungen Menschen war sein Herzensanliegen; dem wurde hier Rechnung getragen. Sein selbstverständliches Ziel war es, die Deutsche Pfadfinderschaft St. Georg wieder ins Leben zu rufen. Doch ungeahnte Hindernisse stellten sich diesem Wunsch entgegen. Da waren zuerst einmal seine Vorgesetzten. Sie sahen eine andere Entwicklung in der Jugendarbeit nach 1945 als erstrebenswert an. Mit dem Ziel, einer Zersplitterung Katholischer Jugendorganisationen schon in den Ansätzen zu verhindern und nur eine Pfarrjugend zu gestatten, machte man die Anstellung RO´s in Trier davon abhängig, dass er sich jeder Form einer Werbung für die Pfadfinderschaft enthilt. Angesichts dieser, der heutigen Pfadfindergeneration unverständlich Weisung galt es für uns, nun an der Seite von RO und seinen Freunden zu, und die Widersacher von der Richtigkeit der Pfadfinderidee zu überzeugen und sie zu einem Gesinnungswandel zu veranlassen. Allen Anfeindungen zum Trotz, gegen Ablehnung, Verunglimpfung und engstirniges Denken im eigenen Lager, fand am 8. und9. Februar 1947 in Trier ein Treffen statt, an dem alle anwesenden Freunde von RO den Willen zum Aufbau der „Gemeinschaft St. Georg“ im Bistum Trier an den Herr Bischof herantrugen. Sie unterwarfen sich einem einschränkenden 6- Punkte Programm, um als Gliederung in der katholischen Jugend Anerkennung zu finden. Zu den Schwierigkeiten im eigenen Lager gesellten sich die Verbote der Militärregierung. Es war verboten, sich Pfadfinder zu nennen, Uniform zu tragen. Jugend- und Sportoffizieren überwachten die Gruppenarbeit, Rundbriefe mußten der Zensur vorgelegt und genehmigt werden, pfadfindertypische Arbeit, Fahrt und Lager waren nur eingeschränkt erlaubt. Pfadkinderarbeit organisierte sich darum in der Illegalität. Zu all dem kamen noch hinzu die zeitbedingten Probleme vor der Währungsreform, die auch die notwendigen Organisationsarbeiten schwächte. Auch für dieses „Probleme“ hatte RO immer einen Weg und einen Rat oder gar Trockenmilch und Corned Beef zu verteilen. Andere hätten vor all den Schwierigkeiten kapituliert und die Arbeit aufgegeben. Hier geschah das Gegenteil angesichts der Wirkung, die von denen ausging, die an jene „Gemeinschaft St. Georg“ glaubten und sie förderten, angeführt von ihrem geistlichen Führer und Landeskuraten RO der in der Treue zur Sache zur Integrationsfigur für viele wurde. Am Rande einer um 1947/48 sich explosionsartige entwickelnden Jugendarbeit entstand in der Diözese Trier eine kontinuierlich wachsende Gemeinschaft, die sich der Verpflichtung einer Elite unterworfen fühlte. Nach 1947 entfaltete sich noch einmal die Scheinblüte, die ganze Buntheit, Vielfalt und Gegensätzlichkeit der Jugendgruppen und Bünde und versuchte an das „Vorher“ wieder anzuknüpfen. Trier wurde zu einem Zentrum der Pfadkinderarbeit im Sinne des Gründers der Pfadfinderbewegung, Baden- Powell, geprägt durch eine christlich geformte Gemeinschaft in katholischer Jugend. Nicht nur das Äußere, die Kluft und die pfadfinderische Methode bestimmt, in diesen Kreis einzutreten. Auch der moralische Auftrag , die Erziehung zum Gemeinsinn und der Rücksichtnahme, zu verantwortlicher Tätigkeit und zu selbstlosem Dienst (Bundesordnung) war treibende Kraft zum zum Anwachsen der DPSG „als treueste und aktivste Gliedgemeinschaft in der katholischen Jugend“. Und wieder komme ich auf Rektor Oster zu sprechen. Als unentbehrlich erwies er sich immer wieder, sei es bei der Schulung und während der Kurse oder bei Diskussionen und Verhandlungen. Seine kompetente Meinung war immer gefragt und wurde ständig gesucht. Jeder fand auch in ihm zur Tag – und Nachtzeit einen ansprechbaren Seelsorger und Freund. Als Stammesfeldmeister des traditionellen Trier Kreuzritterstammes, dann später Gaufeldmeister der Stadt, später in der Diözesanführung als Landesmeister der Pfadfinderschaft, waren mir RO´s Rat und Hilfe unentbehrlich geworden. Seine ständige Bereitschaft ließ den oft gedämpften Mut nicht sinken. Mein Stamm hatte nach der Anerkennung als Gliederung im Bund der deutschen katholischen Jugend mit wachsenden Existenzschwierigkeiten zu kämpfen, im Gegensatz zu anderen Gliederungen in der katholischen Jugend. Als überpfarrlicher Stamm fehlte uns das Heim. Keiner Pfarrei war für uns zuständig. Unterschlupf fanden wir, wenn nichts anders mehr ging, im Hause am Johanniterufer, im Schulkeller, ihn den Bauruinen der ehemaligen Pfarrkirche St. Gervasius, im Gartenlauben, dann endlich für die eine längere Zeit im „Schweizer Dörfchen“ am Augustinerhof und zuletzt der Werkkunstschule am Paulusplatz. Unverständnis für unsere pfadfinderische Methode, Ablehnung und Spott ließen uns oft fragen, ob eine Weiterarbeit noch einen Zweck hat. Wenn zum Beispiel am Sonntag von der Kanzel herunter die Anweisung gegeben wurde: „…. auch jene, die hier unten mir den Kochgeschirren klappern, gehen heute nicht auf Fahrt.“ dann war die Resignation groß. Ein Beispiel für viel. Voller Probleme war das Leben eines überpfarrlichen Stammes, setzte er sich doch zeitweilig aus Jungen von sechs Pfarreien der Innenstadt zusammen. Die Kapläne waren in erster Linie für Pfarrjugend da. Nun noch einen Kuraten für die Pfadfinder zu finden, der sich dann der Jungen aus verschiedenen Pfarreien Annahme, ohne dem Mitbruder dabei „auf den Fuß zu treten“, das Schien fast aussichtslos. Doch wenn Not am Mann war, Sprang RO immer wieder ein. Sei es für die Schulung der Ritterrunde, zur Vorbereitung auf die Versprechensfeier oder zur Einstimmung auf den Elternabend; hier konnte RO auf Grund seiner Stellung als Landesrat und Gaukurat sich immer über Grenzen hinwegsetzen und Hindernisse beiseite räumen. Die hoffnungsvoll begonnen Arbeit durfte unter den Schwierigkeiten nicht leiden. RO impfte immer wieder der Führung neuen Optimismus ein. In den 16 Jahren meiner aktiven Zugehörigkeit zur DPSG hat die Pfadfinderschaft, wie sie von RO geprägt worden ist, viele einzelne geformt oder auch nur vorübergehend ergriffen. In den Jahren hat sie einer großen Zahl von jungen Menschen viel mitgegeben an Erziehung, an inneren Kraft, an Werten und Maßstäben. mit den Gefährten der Zeit von 1946 bis 1961 sage ich Danke für jeden Augenblick der Begleitung, der Bereitschaft und er „unveränderlichen gewissenhaften Gesinnung“ unseren Rektor Oster, der auch meinen privaten Lebensweg bis heute begleitet hat.

 

Quelle: Festschrift 50 Jahre DPSG Stamm Tempelherren